Kulturaudit

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Das Kulturaudit
Diese Auditform wurde von uns entwickelt, um unseren Kunden zusätzlich zu einem normrelevanten Audit eine Möglichkeit anzubieten, sich ihre Kultur von qualifizierten Kulturauditoren spiegeln zu lassen. Dies ist insbesondere für agile oder evolutionäre Organisationen (nach Laloux) interessant, da es auf das Vertrauen in die Verantwortlichkeit des Anbieters wie die Evidenz deren Interaktionen baut. Das Auditieren einer Unternehmens- oder Einrichtungskultur bietet die Möglichkeit, Ebenen und Perspektiven hinein zu nehmen, die zu einer reiferen Entwicklung beitragen können. An die Stelle der Norm treten bei einem Kulturaudit folgende mögliche Referenzrahmen:
a) das selbst formulierte Leitbild,
b) die Ausformung der eigenen Kultur vor dem Hintergrund anderer Unternehmen oder Einrichtungen mit demselben Tätigkeitsspektrum, oder
c) die grundsätzlichen Erscheinungsformen des hier übernommenen Menschheitsauftrags.

Das Kulturaudit (KA) bietet eine Möglichkeit, Ihre Qualitätsarbeit zu erweitern und zu vertiefen.
Motive interessierter Organisationen sind:
Sie blicken bereits auf eine jahrelange Arbeit mit normrelevanten QM Systemen zurück und möchten ihr Unternehmen oder ihre Einrichtung unter einem neuen Blickwinkel betrachten.
Sie planen eine neue öffentliche Darstellung ihrer Kultur und möchten hierfür von ihnen bisher nicht beachtete Aspekte kennen lernen.
Sie möchten ihre Mitarbeiter mit dem tieferen Sinn ihrer Arbeit durch eine Erinnerung von außen wieder fühlbar in Verbindung bringen.
Sie möchten „Prüfsituationen“ neu konnotieren, möchten ihre Arbeit einer „Überprüfung“ unterziehen, deren Folgen allein von ihnen ausgewertet werden.


1. Was ist ein Kulturaudit?

Spiegelung der gelebten Kultur: Jede Einrichtung, jedes Unternehmen hat seine „Kultur“. Sie bildet den Kontext, innerhalb dessen bestimmte Möglichkeiten auftauchen – und andere nicht. Möchte man eine Kultur im Hinblick auf neue Möglichkeiten verstehen, ist ein Blick von außen sinnvoll. Die Kulturauditor*in (Ka) kann mit bestimmten, mit dem Auftraggeber vorab vereinbarten Fragen eine „Anamnese“ machen, wo die Organisation oder der Bereich steht. Entsprechende Schritte ergeben sich daraus, dass sich dabei zunächst ein konkretes „X“ auf der Landkarte herausschält, sprich: ich weiß wo ich stehe.
Als Kultur werden dabei all jene gelebten Werte – seien sie bewusst oder unbewusst – bezeichnet, auf die sich Menschen in einer gemeinsamen Entwicklung `geeinigt haben´.


2. Sinn und Ziel, Aufgaben und Möglichkeiten eines Kulturaudis

Freiwillige Spiegelung durch einen externen Beobachter, damit der Auftraggeber sich selbst mittels einer anderen Perspektive sehen kann.
KA kann – je nach Auftrag – Werkzeug für Erkenntnisse, Impulse und mögliche Entwicklungen sein. Es kann die Mitarbeiter an ihr ursprüngliches Anliegen erinnern und u.U. eine bestimmte Kultur nach außen vermitteln.


3. Theoretische Überlegungen zur Durchführung

Kultur zeigt sich in Haltung von Menschen und gelebten Ergebnissen, in den gewachsenen Strukturen, den ablaufenden Prozessen und den gelebten Beziehungen.

Wer da ist, ist der/die Richtige. Was passiert ist das Richtige.


4. Methoden

Der Ka geht hermeneutisch, phänomenologisch und dialogisch vor. Dazu geht er bewusst als ganzer Mensch, physisch präsent, denkend, fühlend und intuitiv in die zu erschließenden Situationen. Er versucht diese Wahrnehmungsebenen während seiner Beobachtungsprozesse selber wach wahrzunehmen. Dasselbe gilt, wenn er in einen Dialog mit den Beobachteten geht.

Teilnehmende Beobachtung (TB)
Die TB basiert auf einer Schulung in den vier Ebenen der Achtsamkeit: a) körperliche Wahrnehmung, b) emotionale Eindrücke, c) entstehende Bilder und d) seine Intuition bzw. transpersonale Informationen.

Zugleich sucht der Ka den Abgleich seiner Beobachtungen im Dialog mit den Beobachteten.
Während des Audits lässt der Ka die Gestalt der gelebten Kultur, Schritt für Schritt, anhand der wahrgenommenen Phänomene in sich entstehen, d.h. er macht sich ein Bild. Die Beobachtungen sollten von einem vorurteilsfreien Wahrnehmen geleitet sein. Dabei wäre nur das im individuellen Bewusstsein zu verzeichnen, was auch wirklich da ist, nach Möglichkeit ohne das Hinzufügen von Bedeutungen, Assoziationen oder Urteilen.
In einem zweiten Schritt macht der Ka sich aufgrund seiner einzelnen Beobachtungen und Sinneseindrücke ein Bild von den Gesamtvorgängen. Um sich eine wirklich exakte innere Vorstellung von den Vorgängen in einer Organisation zu schaffen, muss er Methoden entwickeln, um seinen eigenen Gestaltbildungsvorgang zu verlassen bzw. diesen selber zu beobachten. Er kann dies, in dem er das Gesehene und Wahrgenommene nochmals innerlich wiederholt, versucht sie mit den Augen eines Fremden oder versucht sie von einer höheren Warte aus zu betrachten.
In einem letzten Schritt werden die einzelnen Eindrücke und Gedanken ausgetauscht, je nach Situation und Besetzung, mit den anderen Auditoren oder unter Einbezug der Auditierten. Dabei versucht jeder Beteiligte seine eigenen Beobachtungen und die der anderen in ein Verhältnis zu setzen. Es geht dabei darum, von einem individuellen zu einem Gesamtbild zu kommen, damit die auditierte Kultur stimmig erfasst werden kann.

Interview und Gespräch
Darüber hinaus sammelt der Ka Einblicke in eine Kultur über Gespräch und Interviews.

Studium von Dokumenten
Der Ka bildet sich auch ein Bild über Publikationen und Veröffentlichungen.

Einzelne Aspekte:
Der Ka notiert bewusst was wirklich da ist. Nach Möglichkeit werden keine Bedeutungen, Assoziationen oder Urteile hinzugefügt.
Der Ka schaut auf durchgängige Gestaltungsmerkmale.
Er bemerkt, wo Mitarbeiter ihre eigenen Gestaltungsimpulse einbringen können.
Er beobachtet, wie Mitarbeiter interagieren, wie kommuniziert wird, wie mit Fehlern umgegangen wird, wie Erneuerungen zustande kommen.
Er studiert, wie Entscheidungen gefällt werden.
Er ist aufmerksam, welche Sprache verwendet wird, untereinander und in Bezug auf die Kunden/Gäste.
Er lauscht, ob und wo Leichtigkeit und Fluss oder Schwere und Starre herrschen.


5. Dimensionen eines KA

Die Spiegelung der gelebten Kultur, z.B. einer Organisation, kann in drei Dimensionen stattfinden.
A. Das Kulturaudit nimmt die selbst formulierte Kultur der Organisation zur Grundlage (Leitbild, Konzepte, Veröffentlichungen). Es will die Spezifika einer gelebten Kultur erfassen und so die in der Einrichtung gegenwärtig spürbaren Qualitäten beschreiben.
B. Das Kulturaudit stellt die gelebte Kultur der Organisation in den Rahmen anderer kultureller Erscheinungsformen zu diesem Thema. Es spiegelt die Einmaligkeit des Kulturimpulses der jeweiligen Organisation vor dem Hintergrund ähnlicher Organisationen.
C. Das Kulturaudit spiegelt die gelebte Kultur der Organisation im Rahmen des allgemeinen Menschheitsauftrages zu diesem Thema. Es werden Bezüge zu grundlegenden Menschheitsfragen hergestellt und deren spezielle Beantwortung durch die einzelne Organisation z.B. kontrastierend, assoziierend oder illustrierend herausgearbeitet.

Beispiel: Hospiz und Hospizkultur
In Dimension B wird die gesamte Hospizbewegung in Deutschland einbezogen.
In Dimension C wird der Umgang mit dem Tod weltweit und zeitenübergreifend als Horizont einbezogen.


6. Grundsätze und Prinzipien eines Kulturaudits

Transparenz
Zunächst legt der Ka offen, wer er ist, der da auditiert, was er vorhat und welche Methoden, Mittel und Wege er anwendet. Gleiches gilt für die auditierte Einrichtung.

Dynamische Urteilsbildung
Das Wahrnehmen und das sich Bilden eines Urteils ist ein schrittweise erfolgender, dynamischer Prozess. Die Beobachtungen sollten von einem vorurteilsfreien Wahrnehmen geleitet sein. Unbefangen wahrnehmen, das Thema sich herausarbeiten lassen, um das es wirklich geht, in Bezug setzen zu den Zielen der Organisation, Stimmigkeit der Mittel um das Thema gemäß den Zielen zu bearbeiten.

Kulturwissenschaftliche Methoden
Die Methoden der Kulturwissenschaft erlauben es, die einzigartige Kultur, welche die Geprüften entwickeln und verantworten, zu verstehen. Insbesondere für ein KA in der 3. Dimension ist es notwendig, dass der Ka einen weiteren kulturellen Horizont besitzt.

Verantwortung des Eigenen
Es gilt, dem Auditierten die von ihm kultivierten Qualitäten zu spiegeln und dabei die eigene Perspektive ebenfalls zu thematisieren. Unterschiedliche Auditoren wählen bzw. formulieren gerade bei einem KA ihre Eindrücke unterschiedlich. Die Verantwortung für das, was ans Licht kommt, liegt bei den Auditierten und den Auditoren in gleicher Weise.

Qualitätsentwicklung
Wenn bei einem Kulturaudit alle Beteiligten kreativ zusammenarbeiten, dann können bereits im Auditprozess Prozesse in Gang kommen, die neue Qualitäten entwickeln. Kulturaudit begreift sich nicht als etwas, das aus dem Lebensfluss herausgenommen wird, sondern eine wechselseitige Form von Kommunikation und Feedbackkultur.

Auditieren als `Prüfung´
`Freiwilligkeit´ ist die Voraussetzung eines KA. Da der Auditierte sein Audit selber in Auftrag gibt, ist Offenheit der Hintergründe und Wertesysteme auf allen Seiten ergebnisrelevant.

Qualitative Formulierung des Ergebnisses u. U. auf Basis des Konsensprinzips
Die formulierten Ergebnisse sollen einsichtig und nachvollziehbar auf Wahrnehmungen Bezug nehmen. Die Erarbeitung eines Einvernehmens ist eine wichtige Voraussetzung für eine spätere selbstverantwortliche Weiterentwicklung.
Der Auditbericht soll keine Wertungen über die Organisation abgeben, sondern ein Bild entstehen lassen, mit dem die Seelen der Zuhörenden oder Lesenden in Resonanz gehen können, was sie innerlich bewegt, anzieht wie abstößt.


7. Verfahren mit dem Auftraggeber

1. Auftragsklärung. Geklärt wird, zu was sich die Organisation ein Feedback wünscht. Möglichkeiten:
1. Spiegelung der Einrichtung im Rahmen des eigenen Leitbildes und der eigenen Anforderungen
2. Spiegelung der Kultur der Organisation im Rahmen von anderen Ausformungen dieser Kultur
3. Spiegelung im Rahmen der gesamtmenschheitlichen Aufgabe

2. Erstellung eines Auditplans, der einen Überblick über die Kultur der Einrichtung erlaubt.
Anforderungen an das KA, die im Auditplan berücksichtigt werden sollten:
a) entscheidende Dienstleistungen sollen durch teilnehmende Beobachtung erlebt werden können,
b) Interviews mit verschiedenen Personen aus dem Zentrum und der Peripherie des Unternehmens sind möglich (z.B. mit der Leitung, mit Angestellten, mit Nutznießern, Kunden oder Gästen)
c) Dokumente können studiert werden, wie sich z.B. die Einrichtung nach außen und innen darstellt bzw. strukturiert

3. Im Eröffnungsgespräch sollte die Beobachtungs- bzw. Auditsituation thematisiert werden, damit Klarheit darüber herrscht, was die Zielsetzung des KA ist. Dabei wird gemeinsam entschieden, wer zum Abschlussgespräch eingeladen wird.

4. Insofern mehrere Auditoren beteiligt sind, findet ein Vorbereitungsgespräch mit den anderen Auditoren vor dem Abschlussgespräch statt. Hier geht es darum, sowohl die Übereinstimmungen festzustellen, als auch die Divergenzen, und diese zu erhalten.

5. Die KulturauditorIn präsentiert ihre Beobachtung am Ende des KA in mündlicher Form. Aus der Reaktion der Angesprochenen und deren Feedback kann sie evaluieren, ob ein Nerv getroffen wurde.

6. Es wird geklärt, ob und in welcher Form die Ergebnisse des KA sprachlich gefasst werden sollen, wer das Zielpublikum ist etc. Dabei kann das KA in kursorischer Form präsentiert werden oder vereinbart werden, dass ein in sich geschlossener Text entsteht.

7. Es wird vereinbart, wann die schriftliche Fassung des KA erstellt wird und welche Schritte zum Gegenlesen nötig sind. Zudem wird besprochen in welcher Weise das KA veröffentlicht wird.


8. Qualifikationen des Kulturauditors (siehe Fortbildung)

Zu den drei wichtigsten Qualifikationen eines Auditors einer Kultur gehören:
1. Die Gabe zur genauen, wertfreien und Zusammenhänge stiftenden Beobachtung

2. Die Gabe der Selbstbeobachtung

3. eine gute kulturelle Bildung, um (z.B. durch bildliche Vergleiche und Geschichten) die beobachtete Kultur in gesamtgesellschaftliche Bezüge zu stellen,

4. ein Vermögen, mit Sprache stilistisch bewusst umzugehen, um eine für das Unternehmen adäquate Sprachebene zu finden.

5. Empathie & Analyse

6. Kritische Urteilsfähigkeit, um zu vergleichen, was im Leitbild einer Organisation formuliert wird und was in der Wirklichkeit aufscheint

7. Fähigkeiten zur Recherche und zur Einarbeitung in neue Felder

8. Geübte teilnehmende Beobachtung und geschulte Aufmerksamkeit

9. Dialogfähigkeit (Bohm), u.a. Beherrschung von GFK, Verfahren wie z.B. transparente Kommunikation

10. Praxis in Interviewführung und in der Formulierung von offenen Fragen

11. Verankerung in einem Wertesystem, das Gesellschaft als etwas begreift, was dem Wohle und der Entwicklung aller Lebewesen dient

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